(verpd) Gerät ein Beschäftigter auf einer Geschäftsreise bei einem privaten Restaurantbesuch in einen Sprengstoffanschlag, steht er nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Denn auch auf Dienstreisen besteht, selbst wenn man Opfer eines Terroranschlages wird, kein lückenloser gesetzlicher Unfallschutz. Das bestätigt ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (Az.: L 3 U 124/17).
Ein Angestellter war im Juli 2016 von seinem Arbeitgeber zu einer Fortbildung innerhalb Deutschlands entsandt worden. Am Tag der Anreise befand er sich zu einem Abendessen im Außenbereich eines Altstadtlokals. Als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoffanschlag verübte, wurden er und weitere Menschen verletzt. Sein Antrag, den Vorfall als Arbeitsunfall anzuerkennen, wurde von der für ihn zuständigen Berufsgenossenschaft – einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung – abgelehnt.
Das begründete diese damit, dass Essen und Trinken grundsätzlich dem Privatbereich eines Beschäftigten zuzuordnen seien. Folglich fielen sie nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Angestellte wehrte sich dagegen vor Gericht. Sowohl das in erster Instanz mit dem Fall befasste Hildesheimer Sozialgericht als auch das von dem Mann in Berufung angerufene Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen gaben jedoch der Berufung nicht statt.
Terror ist ein allgemeines Lebensrisiko
Alle mit dem Fall befassten Richter hielten die Klage für unbegründet. Sie stimmten zwar mit dem Angestellten darin überein, dass er sich ohne die Entsendung durch seinen Arbeitgeber nicht am Anschlagsort aufgehalten hätte. Er wäre folglich sonst nicht verletzt worden. Dennoch bestehe auf Dienstreisen kein lückenloser Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dieser entfalle nämlich dann, wenn sich ein Versicherter rein persönlichen Belangen widme. Dazu zählten auch Essen und Trinken.
Im Übrigen entstehe durch den Restaurantbesuch nicht deswegen ein betrieblicher Bezug, weil eine Lokalität an einem Ort aufgesucht werde, der Ziel einer Dienstreise sei. Ein Anschlag sei außerdem keine lokal begrenzte Gefahrenquelle, welcher der Kläger an seinem Wohnort nicht hätte begegnen können. Terroranschläge würden vielmehr zum allgemeinen Lebensrisiko gehören, das an jedem Ort in Deutschland bestehe.
Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, wenn der Angestellte zum Beispiel während einer beruflichen Tätigkeit wie einer geschäftlichen Besprechung Opfer eines Terroranschlages geworden wäre, hätte der Vorfall unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen können. Und zwar egal, ob sich der Vorfall in Deutschland oder im Ausland ereignet hat.
Schutz durch private Unfallversicherung
So ist zum Beispiel in der downloadbaren Broschüre „Hilfe nach einem Terroranschlag“ des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zu lesen: „Wenn Sie Ihrer beruflichen Tätigkeit nachgegangen sind, mit einer Schulklasse oder einer universitären Seminargruppe unterwegs waren oder anderen nach einem terroristischen Anschlag helfen wollten und dabei verletzt worden sind, haben Sie möglicherweise Ansprüche gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung.“ In der Broschüre werden für Terroropfer weitere Hilfsmöglichkeiten sowie Anlaufstellen aufgeführt.
Übrigens, eine private Unfallversicherung leistet nicht nur bei unfallbedingten Gesundheitsschäden im Berufs- und Privatbereich. Sie greift auch, wenn der Versicherte Opfer einer Explosion oder eines Schusswechsels – auch bei einem Terrorakt – geworden ist, ohne dabei selbst ein Straftäter zu sein.
Die private Unfallversicherung deckt in der Regel sogar Schuss- und Explosionsverletzungen, wenn man bei einer Auslandsreise in ein eigentlich sicheres Land von einem (Bürger-)Kriegsereignis überrascht und dabei verletzt wird, obwohl man nicht aktiv daran teilgenommen hat. Voraussetzung dafür ist, dass das (Bürger-)Kriegsereignis nicht bereits seit acht oder mehr Tagen bestanden hat, als es zu der Verletzung gekommen ist.