Wenn ein Autoinsasse nicht angeschnallt ist

17.1.2020 (verpd) Eine Frau hatte unverschuldet einen Unfall erlitten, war dabei aber nicht angeschnallt gewesen. Der leistungspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers kann ihr deshalb ein erhebliches Mitverschulden an den erlittenen Verletzungen anrechnen. Hierbei hat eine Gesamtabwägung aller Umstände, die zu dem Unfall geführt haben, stattzufinden. Das hat das Oberlandesgericht Rostock mit einem kürzlich veröffentlichten Grundurteil entschieden (5 U 55/17).

Eine 16-Jährige, die zu zwei Bekannten ins Auto gestiegen war, saß auf der Rückbank, als das Fahrzeug von der Straße abkam und gegen mehrere Straßenbäume prallte. Der Pkw wurde von einem seinerzeit 21-Jährigen gesteuert. Bei dem Unfall wurde der Beifahrer getötet. Die 16-Jährige und der Fahrer erlitten schwere Verletzungen. Die junge Frau ist seitdem schwerbehindert. Sie benötigt eine Betreuung rund um die Uhr.

Der Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallfahrzeugs gestand ihr trotz der drastischen Unfallfolgen lediglich ein Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 Euro zu. Das begründete der Kfz-Versicherer damit, dass sie ein erhebliches Mitverschulden an ihren Verletzungen treffe. Denn sie sei bei der Kollision nachweislich nicht angeschnallt gewesen. Beim Anlegen des Sicherheitsgurtes wäre ihr jedoch ein wesentlicher Teil der Folgen erspart geblieben.

Etappensieg

Die Geschädigte hielt das ihr zugestandene Schmerzensgeld für deutlich zu gering. In ihrer gegen den Kfz-Versicherer eingereichten Klage forderte sie einen zusätzlichen Betrag von 320.000 Euro sowie eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von mindestens 500 Euro.

Sie verlangte außerdem, ihr den wegen ihrer schweren Verletzung zukünftig entstehenden Verdienstausfall zu ersetzen.

Damit hatte sie zunächst keinen Erfolg. Das in erster Instanz mit dem Fall befasste Rostocker Landgericht schloss sich der Argumentation des Versicherers an und wies die Klage als unbegründet zurück. Die Verletzte legte daher Berufung beim Rostocker Oberlandesgericht ein. Dort erzielte sie einen Etappensieg.

Notwendige Gesamtbetrachtung

In seinem Grundurteil sprach der 5. Zivilsenat des Gerichts der Frau eine Entschädigung in Höhe von zwei Drittel ihrer Forderung zu. Denn der Anteil an der Mitverursachung ihrer Verletzungen könne nicht ausschließlich danach bemessen werden, dass sie zum Zeitpunkt des Zusammenpralls nicht angegurtet war. Es habe vielmehr eine Gesamtbetrachtung der Entstehung des Schadens zu erfolgen. Sämtliche Umstände, die zu den Verletzungen der jungen Frau geführt haben, müssten abgewogen werden.

Unter dieser Voraussetzung hielten es die Richter für angemessen, den Mitverursachungsanteil der Betroffenen mit einem Drittel zu bemessen. Denn der Fahrzeugführer habe bei einer Überschreitung der am Unfallort zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 Kilometern pro Stunde um 25 Prozent eine Kurve geschnitten und sich somit in hohem Maße fahrlässig verhalten. Der Fall ist mit dem Grundurteil noch nicht abgeschlossen. Weil die genauen gesundheitlichen Folgen für die Geschädigte und auch ihre Verdienstchancen noch nicht feststehen, wird das Gericht weitere Beweise zu erheben haben.

Einen entsprechenden Beweisbeschluss, mit dem ein fachärztliches Gutachten in Auftrag gegeben worden ist, hat das Gericht bereits verkündet. Bei einem Grundurteil wird lediglich über den Grund eines geltend gemachten Anspruchs entschieden. Im Fall einer Schadenersatz- oder Schmerzensgeld-Klage geht es darum, ob überhaupt ein Anspruch auf eine Zahlung besteht. Erst in einem darauffolgenden Verfahren erfolgt dann eine Entscheidung über die Höhe des Anspruchs.

Finanzieller Schutz bei schweren Verletzungen

Der Gerichtsfall verdeutlicht, dass nicht immer ein anderer komplett für die finanziellen Folgen, die aufgrund einer Verletzung bei einem Unfall entstehen, aufkommt. Damit man als Unfallopfer in so einem Fall nicht auch noch in finanzielle Schwierigkeiten gerät, ist eine private Vorsorge wichtig. Üblicherweise reicht nämlich die gesetzliche Absicherung durch die Sozialversicherung nicht aus, um mögliche finanzielle Mehrkosten oder Verdienstausfälle infolge der Unfallverletzungen auszugleichen.

Kommt es aufgrund des Unfalles zu einer bleibenden Behinderung und sind deswegen Umbaumaßnahmen an der Wohnung notwendig, können die Kosten dafür beispielsweise mit einer in der privaten Unfallversicherung vereinbarten Invaliditätssumme abgedeckt werden.

Wer aufgrund eines Unfalles oder einer Krankheit seinen Beruf dauerhaft nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr ausüben kann, der muss mit hohen Einkommenseinbußen rechnen. Denn die gesetzliche Kranken– oder Unfall– und/oder Rentenversicherung ersetzen diese Verdienstverluste, sofern überhaupt ein Anspruch auf eine solche gesetzliche Leistung besteht, nur zum Teil. Mit einer privaten Berufsunfähigkeits-Versicherung lässt sich diese Absicherungslücke ausgleichen.

Über eine bedarfsgerechte Absicherung informieren wir Sie gerne auf Anfrage.


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